Petra  Szablewski-Çavus

Petra Szablewski-Çavus

* 02.08.1950
† 21.05.2020 in Frankfurt am Main
Erstellt von Sarita Batra
Angelegt am 03.06.2020
2.090 Besuche

Kondolenzen (5)

Sie können das Kondolenzbuch nutzen, um den Angehörigen Ihr Beileid zu bekunden, Ihrer eigenen Trauer Ausdruck zu verleihen oder um dem Verstorbenen einige letzte Worte des Abschieds mitzugeben.

Kondolenz

Petra: Erinnerung an frühe Jahre Ihres Schaffens

04.06.2020 um 13:35 Uhr von Maren Gag

 

Ich habe Petra Anfang der 1990er Jahre kennengelernt und zwar im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts, das seit 1992 beim DIE angesiedelt war, in dem sie viele Jahr gewirkt und dafür gesorgt hat, dass im Feld der beruflichen Weiterbildung für erwachsene Migrantinnen und Migranten wichtige Grundlagen zu notwendigen konzeptionellen Ansätzen, zur Anerkennung von Ressourcen der Zugewanderten, zum interkulturellen Lernen in der beruflichen Weiterbildung und natürlich zum berufsbezogenen Spracherwerb sowie zu den Bedarfen an Fortbildung für das Anleitungspersonal und die Lehrkräfte gelegt wurden. Insbesondere die Frage der Passgenauigkeit von Bildungskonzepten und Formaten unter Berücksichtigung der Tatsache, dass erwachsene Zugewanderte im Quereinstieg auf das hiesige Bildungssystem stoßen war endlich Thema geworden – jenseits von Forschung und Praxis im Schulsystem, in dem hauptsächlich Kinder im Fokus der Diskussion standen.

Dieses Projekt „Entwicklung und Erprobung eines Konzepts zur beruflichen Qualifizierung von ausländischen Arbeitnehmer/innen (BBM)“ hat zu einer bundesweiten Vernetzung beigetragen, von der wir auch in Hamburg sehr profitiert haben. Petra in ihrer Funktion als Projektleiterin hatte uns in Hamburg „entdeckt“, denn hier wurden auf Initiative des damaligen Arbeitskreises „Frauen in der Immigrantinnenarbeit“, einige innovative Modellprojekte umgesetzt, u.a. die bis heute verstetigte Erzieherinnenausbildung für Einwanderinnen, für die sich Petra interessierte. Mit einem spannenden Text hat sie eine in Hamburg entstandene Publikation bereichert, an die ich an dieser Stelle erinnern möchte: Petra Szablewski-Cavus (1999): „Nutze die Chance, die du nicht hast!“ Über die Möglichkeiten und Notwendigkeit der Partizipation von MigrantInnen an beruflicher Weiterbildung. In: Flores Baeza, Victoria; Gag, Maren: Mitstreiten Mitentscheiden Mitgestalten. Der Arbeitskreis Frauen in der Immigrantinnenarbeit. Neumünster: Paranus.

Für mich war der Kontakt zu Petra und dem DIE-Projekt ein wesentlicher Schlüssel zur bundesweiten Zusammenarbeit in dem Handlungsfeld, das verbinde ich immer mit Petra und werde die vielen anregenden Arbeitstagungen im Erbacher Hof in Mainz nicht vergessen. Ich habe ihre Fachlichkeit und ihr Wissen bewundert. So hatte ich einige Jahre in Modellprojekten zur Stadtteilarbeit, Beratung und Grundbildung für junge und erwachsene Migrantinnen im Stadtteil Hamburg-Wilhelmsburg  hinter mir sowie in einer „Bilingualen Ausbildung portugiesischer Frauen zur Hauswirtschafterin“ mitgearbeitet und konnte anknüpfen und weiterlernen. Wir konnten die „Frauenfrage“ im Rahmen der beruflichen Weiterbildung und Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten im Bundesformat weiterverfolgen, weil beim Bundesinstitut für Berufsbildung von 1998-2000 ein transnationales Netzwerkprojekt „Neue Berufschancen für Immigrantinnen“ umgesetzt wurde, an dessen Initiierung und Umsetzung ich beteiligt war und das mit drei weiteren Institutionen in Deutschland durchgeführt wurde. Somit konnten wir unseren fachlichen Dialog mit Petra fortsetzen und sie war eine zentrale Person und Kooperationspartnerin mit ihren fundierten Erfahrungen, ihrer Lust und Freude an der Arbeit und Auseinandersetzung um die „richtigen“ Konzepte und politischen Forderungen, die wir auf Tagungen und/oder Planungswerkstätten mit vielen engagierten Frauen kreativ in unseren Köpfen hin und her bewegten – nicht selten mit der geballten Faust in der Tasche, hatte es die Politik immer noch nicht begriffen, dass Deutschland schon lange ein Einwanderungsland geworden war,  die interkulturelle Öffnung des Berufsbildungssystems jedoch noch zu wünschen übrig ließ (lässt). Unsere „Arbeitsfreundschaft“ hielt lange, Petra wurde bei der passage meine Kollegin Büro an Büro, weil sie für einige Jahre in der IQ Fachstelle berufsbezogenes Deutsch gearbeitet hat.

Ich bin schockiert und traurig über ihren frühen Tod und meine Gedanken sind bei Ihrer Familie.

Kondolenz

von Hans Barkowski

03.06.2020 um 16:50 Uhr von Sarita Batra

Ich kenne Petra seit sehr langer Zeit, seit den 1970er Jahren; wir haben einander in der 'Gründungsphase' des sich professionalisierenden Engagements für die Situation der damals noch Gastarbeiter genannten Immigrant/inn/en in Berlin kennengelernt, in einer überschaubaren 'Szene' politisch und sozial ähnlich denkender Personen. Und da es Berlin war, ging es vor allem um türkische Einwanderinnen und Einwanderer.  Damals sprachen auch wir anfangs noch von ausländischen Arbeiterinnen und Arbeitern und von Gastarbeiterdeutsch - Begriffe wie Arbeits/im/migrant/inn/en und Deutsch als Zweitsprache mussten erst gefunden werden, Formulierungen wie '.... mit Migrationshintergrund' lagen in weiter Ferne. Man arbeitete mit türkischen Künstlern zusammen, wie Hanefi Yeter und Aras Ören, setzte sich gemeinsam - und gemeinsam erfolglos - in dazu gegründeten Vereinen und Initiativen für das kommunale Wahlrecht ein, verfasste Stellungnahmen für das Recht auf Familienzuwanderung und den ungehinderten Zuzug nach Kreuzberg, als der Berliner Senat eine menschenrechtswidrige Zuzugssperre verhängt hatte.
Es waren diese Zusammenhänge, in denen ich Petra damals immer wieder einmal begegnete, man sich austauschte, über Wege nachdachte, den neuen Mitbürger/innen dabei zu helfen, gleichberechtigt an der deutschen Gesellschaft teilzuhaben und vor allem dazu auch ihren Erwerb der deutschen Sprache angemessen zu unterstützen. Und angemessen, das hieß für uns,  ihre Lebenssituation zu berücksichtigen, ihre Herkunftssozialisation, ihre Migrationserfahrungen, ihren Bildungshintergrund - all dies Themen und Perspektiven, die uns auch später, in den vielen beruflichen Begegnungen bis hin in unsere Treffen im Transnationalen Forum jederzeit gemeinsam blieben, Nähe bewirkten.

Seitdem ich im Fach Deutsch als Zweitsprache nurmehr sehr sporadisch aktiv bin, haben wir uns aus den Augen verloren - wir waren nicht Freundin und Freund, als Kollegin und Kollege aber befreundet.

In stillem Gedenken an eine engagierte, ungewöhnliche, beeindruckend authentische und tapfere Frau und Kollegin

Hans (Barkowski)

Kondolenz

von Klaus Civegna

03.06.2020 um 16:45 Uhr von Sarita Batra

Petra habe ich im Rahmen des Transnationalen ExpertInnenforums kennen und schätzen gelernt. Ihre kritischen Beiträge waren immer konstruktiv und man merkte, dass sie es sich nicht leicht gemacht hat, lange darüber nachgedacht hatte und dabei all ihre große Erfahrung eingebracht hat. Sie war mutig und hat sich gerne auf unsere Vorschläge eingelassen. Sogar zu einer Bergtour (Brixen, Klausener Hütte) konnten wir sie überreden.

 

Schade, dass es das Forum nicht mehr gibt. Es hat mir sehr viel gebracht und Petras Beiträge haben dazu ganz viel beigetragen.

 

Ich werde immer wieder an sie denken.

 

Klaus

 

Kondolenz

von Irene Cennamo

03.06.2020 um 16:43 Uhr von Sarita Batra

Diese bittere Nachricht macht mich sehr betroffen und traurig. 

 

Deine/Ihre Worte, liebe Verena, lieber Herr Krumm, haben mir Petras unermüdliches Wirken und das unerschütterliches Dran-Bleiben an den Geschehnissen in Politik und Bildung noch einmal so nachdrücklich ins Gedächtnis gerufen.

Meine Bekanntschaft mit Petra war aus Gründen meines späteren Dazukommens nicht so eng, wie Sie damals mit Lisi und sie mit Euch allen sein durfte, aber ich habe etliche Weiterbildung in Südtirol mit ihr erlebt und viel gelernt, noch einzelne Treffen des Transnationalen Forums gemeinschaftlich genossen (Brixen, Graz, Fribourg) sowie viele anregende Korrespondenzen mit ihr geführt, sodass ich nun sehr bedaure, dass es mir nicht gelungen ist, doch noch eine Tagung oder ein Buch oder eben ein Projekt mit Ihr und mit Euch allen in die Wege zu leiten.

 

Irene